David Born

Heda, Karfreitagstänzer!

Ihr wollt tanzen, und dies auch am Karfreitag. Ihr wollt einen Feiertag, genauer gesagt: einen freien Tag, ohne auf den Hintergrund dieses Feiertages Rücksicht nehmen zu müssen. Dies zu wollen ist Euer gutes Recht, leider habt Ihr damit Unrecht. An den weihnachtlichen Feiertagen gibt es Geschenke, an Karfreitag dagegen Buße und Einkehr. Seid wenigstens konsequent und fordert die Abschaffung aller religiösen Feiertage. Wenn das Tanzverbot am Karfreitag ein Anachronismus ist, warum dann nicht die weihnachtliche Straßenbeleuchtung?

Vor Gericht seid Ihr vorerst gescheitert. Ob es wohl zum Volkstrauertag einen erneuten Versuch geben wird?

Ganz gleich, wie viele Menschen am Karfreitag dem Tod Jesu gedenken – dieser Tag, wie andere Stille Tage auch, ist Teil unseres kulturellen Erbes. Und dies über Bord zu werfen bedeutete einen Verlust für uns alle.

“Live Free or Die”

Die Wähler in New Hampshire sind dem Motto ihres Staates gerecht geworden: Mit 23 Prozent der abgegebenen Stimmen belegte Ron Paul am 10. Januar den zweiten Platz bei den republikanischen Präsidentschaftsvorwahlen. In Iowa hat der libertäre Politiker mit 21 Prozent der Stimmen den dritten Platz belegt. Dies ist erstaunlich, weil Ron Paul nicht zum ersten Mal in Richtung des höchsten Staatsamtes der Vereinigten Staaten strebt. 1988 trat er für die Libertarian Party als Präsidentschaftskandidat an bewarb sich 2007 um die Nominierung als Präsidentschaftskandidat der Republikaner – beide Male waren seine Bemühungen aussichtslos.

Seine Chancen auf die Nominierung sind auch dieses Jahr nicht sehr groß, seine Präsenz und die Zahl seiner Unterstützer dagegen sind bemerkenswert. Betrachtet man die Ergebnisse der Vorwahlen in Iowa und New Hampshire genauer, fällt auf, dass Ron Paul die größte Unterstützung unter jungen Wählern genießt: Während 46 (New Hampshire) beziehungsweise 48 (Iowa) Prozent der 18 bis 29-jährigen für den mit 76 Jahren ältesten Kandidaten stimmten, haben nur 12/11 Prozent der über 65-jährigen für den libertären Politiker gestimmt. Sicher, mit seinen glasklaren Vorstellungen von Konstitutionalismus, Außenpolitik und freiem Markt ist Ron Paul der Rebell unter den republikanischen Kandidaten, eine Anti-These zum Partei-Establishment. Doch es gibt noch einen anderen Grund, warum junge Menschen stärker für wirtschaftliche Freiheit (und geringe Verschuldung) zu begeistern sind: Junge Menschen haben noch einen Weg vor sich, der nach oben führen soll. Sie wollen nicht das Erreichte sichern, sondern streben nach vorn. Und dabei wollen sie frei sein von staatlicher Gängelei, die darauf ausgelegt ist, bestehende Verhältnisse zu sichern. Unterstützt wird diese These durch die Daten zur Einkommensverteilung unter den Wählern: Je höher das Einkommen ist, desto geringer fällt die Unterstützung für Ron Paul aus. Dies ist nicht überraschend, da Alter und Einkommen korreliert sind. Dennoch zeigt es, dass libertäre Werte besonders von denen geschätzt werden, die nicht angekommen, sondern noch auf dem Weg sind.

Ron Paul wird die Nominierung zum Präsidentschaftskandidaten der Republikaner nicht gewinnen. Doch seine Ideen von beschränkter Staatsmacht und freier Marktwirtschaft haben einen prominenten Platz im Vorwahlkampf gefunden. Und allein dies macht Ron Paul zu einem Gewinner.

 

Die Daten aus den Entrance- beziehungsweise Exit-Polls finden sich hier:

 

Iowa: http://edition.cnn.com/election/2012/primaries/epolls/ia

 

New Hampshire: http://edition.cnn.com/election/2012/primaries/epolls/nh

 

 

Markt ohne Moral?

Seit der Finanzkrise 2007 ist Kapitalismuskritik wieder en vogue. Besonders angesagt ist der Vorwurf moralischen Versagens. Susanne Schmidt beispielsweise attestiert der Finanzwelt in ihrem Buch Abmoralität. Franz Müntefering hat Joe Ackermanns Zielvorgabe einer Eigenkapitalrendite von 25% als “moralische Verirrung” gebrandmarkt. Was haben Markt und Moral miteinander zu tun? Zunächst kann man Adam Smith anführen, der argumentiert, dass durch das Streben des Einzelnen nach individuellem Glück auch dem Gemeinwohl gedient sei.

Auf Grundlage dieser – hier nur skizzenhaft dargestellten – Überlegungen lässt sich argumentieren, dass nicht das kapitalistische System problembehaftet ist, sondern das oft angeprangerte “amoralische” Verhalten einige seiner Akteure. Wer solche Vorwürfe erhebt, darf jedoch nicht vergessen, dass Moral nicht aus einem Vakuum entsteht, sondern das Produkt tugendhafter und wertorientierter Erziehung ist. Und genau in diesem Bereich haben wir in den letzten Jahrzehnten eine bewusste Abkehr von als überkommen geltenden Wertvorstellungen erlebt. Wer die Vermittlung allgemeingültiger Wertmaßstäbe zugunsten einer beliebigen “Anything goes”-Mentalität ablehnt, darf sich nicht über den Verlust moralischen Handelns wundern. Wer geglaubt hat, Menschen ohne moralische Autorität zum Besseren bekehren zu können, befindet sich auf dem Holzweg.

Der Libertäre mag die Haltung haben, der Markt komme ohne Moral schon ganz gut zurecht. Er wird die Finanzkrise allerdings auch nicht als Marktversagen interpretieren. Das entspricht seiner libertären Gesinnung. Der Linksliberale hingegen darf dem Markt nicht vorwerfen, die Wertmaßstäbe nicht zu besitzen, gegen deren Vermittlung durch moralische Autoritäten (Eltern, Lehrer, Religion) er jahrelang gekämpft hat. Denn das ist scheinheilig.

Die Mär vom Vertrauensverlust in die Politik

Es ist nicht unüblich, Dinge zu behaupten, für die man keinen Beweis hat. Die sich hartnäckig haltende Vorstellung, es gehe stetig bergab mit dem Zustand der Erde und ihren Bewohnern, ist ein eindrucksvolles Beispiel dafür. Die Mär vom Vertrauensverlust der Bürger in die Politik ein anderes. Ganz gleich, ob es um niedrige Wahlbeteiligung, den Aufstieg neuer Parteien oder die Bankenbesetzer geht – keine Talkshow kommt ohne den Verweis aus, die Menschen hätten das Vertrauen in die Politik verloren. Wie steht es um den Realitätsgehalt dieser Behauptung?

Um eine Behauptung zu prüfen, kann man mit den so genannten „Menschen auf der Straße“ reden – wer auch immer das genau sein soll. Oder man analysiert Datensätze, für die eine Stichprobe von Bürgern (nicht nur auf der Straße) in verschiedenen Jahren nach ihrem Vertrauen in politische Institutionen befragt wurde. Man mag die Argumentation mit Zahlen und Fakten als kalt, herzlos und entfernt von den Menschen zurückweisen. Letztlich ist das Gegenteil der Fall: Daten ermöglichen eine weitestgehend objektive Beurteilung sozialer und politischer Realitäten.

Für die unten stehende Grafik wurden Daten des European Social Survey (ESS) herangezogen. Im Rahmen dieser Umfrage werden die Befragten unter anderem gebeten, eine Einschätzung ihres Vertrauens in politische Institutionen auf einer Skala von 0 bis 10 abzugeben. Die Grafik stellt die Mittelwerte der in Deutschland Befragten in den Jahren von 2002 bis 2010 dar. Je höher ein Punkt liegt, desto höher ist das durchschnittliche Vertrauen in die entsprechende Institution. Am Verlauf der Linien lassen sich Veränderungen im Zeitverlauf erkennen. Und diese sind marginal, von einem Vertrauensverlust kann nicht die Rede sein. Die Werte für das Vertrauen in die hier dargestellten Institutionen sind zwar nach einem Höchststand im Jahr 2008 wieder leicht gesunken, sind jedoch höher als im Jahr 2006.

Warum also wird ein Vertrauensverlust der Bürger in die Politik so oft und gerne diagnostiziert? Weil es nützlich ist. Ganz gleich, ob man die Regierung beschimpfen, ein neues Ausgabenprogramm rechtfertigen oder politische Verantwortung via falsch verstandener Direktdemokratie von einer zerstrittenen Koalition auf das Volk abwälzen will: Der Verweis auf ein gefühltes oder erfundenes Vertrauensdefizit kommt dabei gelegen. Wie es sich dabei mit der Wahrheit verhält, ist nicht nur sekundär, sondern schlichtweg irrelevant. Sic transit gloria mundi.

 

Eine Agenda für die Banken-Besetzer

Es wird wieder demonstriert in Deutschland. Nach der bösen Kernkraft sind nun Banken und die Finanzmärkte das neue Feindbild der Protestler. Die us-amerikanischen Vorbild-Demonstranten sprechen in maßloser Hybris vom „American Autumn“ (wohl in falsch verstandener Anspielung auf den „Arab Spring“ – wenigstens haben sie es nicht „American Fall“ genannt…) und wollen neben dem Finanzsystem auch gleich die Demokratie neu erfinden. Die deutsche „Occupy“-Bewegung wendet sich vornehmlich gegen die gefühlte „Macht der Banken“ und deren Rettung durch den Steuerzahler. Verfolgen die „Empörten“ etwa eine freiheitliche Agenda? Wollen sie, dass wer mit den Risiken des Marktes Geld verdient auch die Verluste trägt, wenn sich das Risiko realisiert? Pochen sie auf die Einsicht, dass Märkte zu effizienten Preisen führen, da sie über mehr Informationen verfügen als ein zentraler Planer? Wohl kaum. Durch den unübersichtlichen Katalog an Forderungen scheinen nicht das Licht der Freiheit, sondern die Fesseln des Sozialismus hindurch. Die Finanzmärkte sollen an die Kette gelegt, die Banken verstaatlicht werden.

Vielfach wird ein Vertrauensverlust der Politik diagnostiziert, der die Menschen auf die Straße treibe. Doch allzu niedrig kann das politische Vertrauen nicht sein, wenn anstelle der Märkte die Politik das Ruder am Schiff der Volkswirtschaft übernehmen soll. Um zu verdeutlichen, wie weit die Planungskapazitäten von Regierungen reichen, ist – einmal vom Gauck’schen Hinweis auf die DDR (http://bit.ly/nG5IAU) abgesehen – der Hinweis auf den im Energiekonzept der Bundesregierung vom Herbst 2010 enthaltenen 40-Jahres-Plan zur Energieversorgung ausreichend. Er hatte ein halbes Jahr Geltung.

Sozialismus nutzt nie dem kleinen Mann, sondern stets dem Polit-Oligarchen. Seinen Verlockungen in Zeiten der Krise zu widerstehen und die Freiheit zu verteidigen muss Aufgabe unserer Politik sein. Doch am Ende werden die „Empörten“ in Dostojewskischer Manier der Politik ihre Freiheit zu Füßen werfen und sagen: „Macht uns zu euren Sklaven, aber füttert uns!“.

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